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Wenn chemisch verseuchtes Gelände oder alte Deponien saniert, giftiger Müll sortiert oder kerntechnische Anlagen zurückgebaut werden, arbeiten Menschen in gesundheitsgefährdendem Umfeld: Sie hantieren mit Schadstoffen, es besteht Brand- oder Explosionsgefahr oder die radioaktive Strahlung ist erhöht. Das macht aufwändige und oftmals belastende Schutzmaßnahmen erforderlich. Abhilfe schaffen könnten Roboter und autonome Maschinen, die auch ohne Bediener in der Nähe die Tätigkeiten ausführen. Für die Erforschung und Erprobung der dazu nötigen Technologien gibt es nun eine zentrale Anlaufstelle: Am 25. Juni wurde in Karlsruhe das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Kompetenzzentrum »ROBDEKON – Roboter für die Dekontamination in menschenfeindlichen Umgebungen« eröffnet.
Ein kleiner Bagger gräbt ein Loch an einer vorgegebenen Stelle. Kein Mensch sitzt im Führerhaus, ein Computer in einer Alubox auf dem Dach steuert ihn. Ein futuristisches Gefährt, die vier Räder an beweglichen, an Spinnenbeine erinnernden Konstruktionen aufgehängt, zeigt seine verschiedenen Bewegungsmodi, die mit so ziemlich jedem Gelände klarkommen. Ein humanoider Roboter greift selbstständig ein Anlagenteil aus einer Ansammlung von Objekten, betrachtet es aus verschiedenen Winkeln, reinigt es in einem Wasserbad und deponiert es in einem Container. Diese und viele weitere Exponate zeigten bei der ROBDEKON-Eröffnungsfeier auf dem Gelände des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, welches Potenzial Roboter haben, wenn es um Dekontaminationstätigkeiten geht.
»ROBDEKON vereint die entscheidenden Kompetenzträger in der Dekontaminationsrobotik und schafft die Basis für eine nachhaltige Kooperation für den Transfer von Innovationen in der Praxis«, sagte Dr. Andrea Detmer, Leiterin des Referats Zivile Sicherheitsforschung im BMBF, während des Festakts, mit dem auch eine neue Laborhalle für ROBDEKON eingeweiht wurde. »Das Kompetenzzentrum wird so zum Kristallisationskeim für Entwicklungen, die mithilfe Künstlicher Intelligenz sehr konkreten Mehrwert für die Menschen generieren, die tagtäglich z. B. bei der Sanierung von Deponien und Altlasten potentiell gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt sind. Ihnen sollen belastende Arbeiten abgenommen und damit Gefährdungen für Leib und Leben minimieren werden.«
Günther Leßnerkraus, Abteilungsleiter für Industrie, Innovation, wirtschaftsnahe Forschung und Digitalisierung im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium, sagte: »Künstliche Intelligenz ist die Schlüsseltechnologie der Zukunft – und zwar in praktisch allen Lebensbereichen. Das neue Kompetenzzentrum ROBDEKON ist ein hervorragendes Beispiel für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten intelligenter Anwendungen. Gerade mittelständische Unternehmen werden von den hier entwickelten Technologien profitieren.«
Karlsruhes Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup beglückwünschte die vier beteiligten Forschungsinstitutionen – neben dem federführenden Fraunhofer IOSB das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das FZI Forschungszentrum Informatik und das Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen – zum erfolgreichen Start: »ROBDEKON bildet eines von nur zwei Forschungszentren für Robotersysteme in menschenfeindlichen Umgebungen, die im Rahmen des BMBF-Programms ›Forschung für die zivile Sicherheit‹ gefördert werden. Dies unterstreicht die besondere Bedeutung der Stadt Karlsruhe als Wissenschafts- und Technologiestandort und dessen Strahlkraft für zukünftige Entwicklungen im Umgang mit Robotersystemen auf Bundesebene.«
Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Beyerer, Leiter des Fraunhofer IOSB, ROBDEKON-Sprecher und Lehrstuhlinhaber am KIT, erläuterte das Konzept und den aktuellen Stand des Kompetenzzentrums. »Seit Förderbeginn 2018 konnten wir eine einzigartige Forschungsinfrastruktur aufbauen, die alle notwendigen technologischen Fähigkeiten vereint und nachhaltig weiterentwickeln wird«, sagte Beyerer. Robotik und Hardware-Systementwicklung, Aspekte der Künstlichen Intelligenz wie Umweltwahrnehmung, Orientierung, Bewegungsplanung oder Entscheiden unter Unsicherheit, aber auch die Mensch-Maschine-Interaktion seien durch die Partner abgedeckt. Hinzu komme die genaue Kenntnis der Anwendungsdomänen, die die beteiligten Unternehmen einbringen.
Als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zur Robotik für Dekontaminationsaufgaben ist ROBDEKON offen für alle, die sich einbringen oder ihre Projekte mit Unterstützung der Experten des Zentrums bearbeiten möchten, wie Beyerer betonte. »Wir bieten Beratungsdienstleistungen an, kooperieren gerne mit weiteren Forschungsinstitutionen und wünschen uns einen intensiven Dialog mit der einschlägigen Industrie, um zielgerichtete und praxistaugliche Lösungen zu erarbeiten. Unsere Maxime ist, mit unserer Bündelung von Kompetenzen maximalen Nutzen für die Gesellschaft und die Wirtschaft zu stiften.«
ROBDEKON ist eins von zwei Kompetenzzentren für Robotersysteme, die das BMBF im Rahmen des Programms »Forschung für die zivile Sicherheit« seit 2018 fördert. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe koordiniert. Forschungspartner sind das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI). Als Industriepartner sind die Götting KG, die Kraftanlagen Heidelberg GmbH, die ICP Ingenieursgesellschaft Prof. Czurda und Partner mbH und die KHG Kerntechnische Hilfsdienst GmbH beteiligt. Die Laufzeit beträgt zunächst vier Jahre. Ziel ist, dass das Kompetenzzentrum langfristig besteht und als Experten- und Anwendernetzwerk für neue Technologien zur Dekontamination mittels Robotern fungiert.
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